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Der AfD, Internet Slop & politischer Missbrauch

Das Internet ertrinkt im Müll künstlicher Inhalte. Automatisierte Systeme erzeugen Tag für Tag gigantische Mengen an Texten, Bildern, Videos — meistens belanglos, oft manipulativ, gelegentlich gefährlich. Der digitale Raum, einst Hort von Wissen und Austausch, droht zu ersticken unter einem Berg aus synthetischem Schund.

Wer hat das so weit gebracht? Wie konnte aus dem Versprechen eines freien, offenen Netzes eine Experimentierfläche für Desinformation werden? Und wer zieht eigentlich die Strippen hinter all dem?

Ein Filmprojekt zeigt genau das: KI: Der Tod des Internet, eine Arte-Produktion von Mario Sixtus, begleitet die digitale Mülllawine mit scharfem Blick. Mario Sixtus zeigt, wie schon ein paar Befehle an eine KI reichen, um Fluten von Ratgeberseiten, Clickbaitartikeln und sinnfreien Videos zu generieren. Pläne für Hyper-Charts voller Content, der keinerlei redaktionelle Prüfung mehr erfährt, bestimmen die Szene hinter den Kulissen.

Dass ein Bild von Papst Franziskus in einer Designerjacke viral ging — obwohl es nie existierte — ist keine Sensation mehr. In Laboren und Botnetzen werden solche Deepfakes routiniert produziert, täuschend echt, vielfach geteilt. Eine kritische Stimme warnt: Die KI halluziniert Fakten, sie erfindet Realitäten, sie erzeugt Illusionen, die wir nicht mehr von Wahrheit unterscheiden können.

Schon jetzt finden sich in Suchmaschinen zahllose Artikel, die kaum mehr sind als Variationen von Textbausteinen, gestreckt mit generischen Formulierungen, gewürzt mit reißerischen Titeln. Diese Inhalte glänzen nicht mit Substanz, sondern mit Werkzeugen: Sie existieren, um Traffic zu generieren, Aufmerksamkeit zu erzwingen. Sobald ein Text klickt, wird er von Algorithmen weiter gestreut, unabhängig von Wahrheit oder Wert.

Zwischen Wahrheit und Wahn

Wenn KI-Propaganda Politik macht

Die Mechanismen sind simpel – und genau deshalb so gefährlich. Ein erfundenes Video, ein manipuliertes Zitat, ein generiertes Bild: Alles kann binnen Stunden millionenfach geteilt werden. Der Aufwand ist minimal, die Wirkung maximal.

Ein Beispiel: In sozialen Netzwerken kursieren immer wieder absurde „Lidl-Osterhasen-Videos“. Offenkundig Fakes, billig zusammengeschnitten, oft mit politischer Botschaft unterlegt. Trotzdem erreichen sie hunderttausende Aufrufe. Die Rechten lachen darüber – oder tun so, als zeigten sie eine „bittere Wahrheit“. Und während sich der Rest über den Unsinn empört, bleibt das eigentliche Ziel erreicht: das Vertrauen in Information wird weiter untergraben.

Es geht längst nicht mehr nur um Desinformation, sondern um eine gezielte Verunreinigung des öffentlichen Diskurses. Wenn alles potenziell Fake ist, verliert auch das Echte seine Wirkung. Die AfD und ähnliche Gruppen nutzen diesen Effekt systematisch. Ihre Posts speisen sich aus denselben KI-Generatoren, die für Content-Marketing oder Spam verwendet werden. Nur das Ziel ist anders: nicht Konsum, sondern Kontrolle.

Der Schaden geht tiefer, als viele glauben. Wer heute im Netz recherchiert, findet seltener journalistisch geprüfte Quellen, sondern unzählige KI-Kopien davon. Diese Zweit- und Drittversionen klingen echt, wirken seriös, führen aber in Sackgassen. Sie manipulieren durch Wiederholung, indem sie denselben Unsinn in tausend Varianten ausspielen. Das Netz beginnt zu halluzinieren – und wir mit ihm.

Doch es gibt auch Gegenbewegungen. Forschende und Aktivisten fordern Kennzeichnungspflichten für KI-Inhalte, transparente Trainingsdaten und Sanktionen gegen Plattformen, die mit algorithmischer Desinformation Geld verdienen. Einige Medienhäuser investieren in neue Prüfteams, andere experimentieren mit Tools, die synthetische Sprache automatisch erkennen sollen.

Aber das allein reicht nicht. Wir müssen lernen, digital wieder zu denken. Jede Information, jeder Post, jedes Video muss kritisch geprüft werden – nicht auf Emotion, sondern auf Herkunft. Denn wer das Denken an Maschinen delegiert, wird bald nur noch das glauben, was Maschinen ihm vorsetzen.

Das Internet war einst eine Bühne der Freiheit. Jetzt droht es, zum Propagandainstrument zu verkommen. Zwischen Echtheit und Illusion, Wahrheit und Wahn, liegt heute oft nur noch ein Mausklick. Die Entscheidung, welchen Weg wir gehen, trifft am Ende kein Algorithmus. Sie liegt bei uns.