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Hamburg sagt Nein: Warum das bedingungslose Grundeinkommen immer noch blockiert wird

Hamburg sagt Nein: Warum das bedingungslose Grundeinkommen immer noch blockiert wird

Direkt in der Hamburger Innenstadt, zwischen den Glasfassaden der Bürokomplexe und den hippen Cafés der Schanze, liegt ein Thema in der Luft, das hitziger diskutiert wird als jede neue Gastro-Eröffnung: das bedingungslose Grundeinkommen. Man könnte denken, nach Jahren der sozialen Debatten, Pilotprojekten und internationalen Vorbildern wäre der Gedanke, jedem Bürger ein finanzielles Sicherheitsnetz zu bieten, längst selbstverständlich. Aber nein. Hamburg hat entschieden: Nein zum BGE. Punkt. Vorbei.

Und während die einen erleichtert aufatmen, die Stabilität der Steuerkassen im Kopf, setzen sich andere an den Kaffeetischen und rollen mit den Augen. Missgunst, uninformierte Vorurteile und eine gehörige Portion Kurzsichtigkeit bestimmen die Diskussion. Wer jetzt denkt, dass man „einfach dumm“ sei, hat die Mechanismen menschlicher Angst noch nicht ganz verstanden.

Missgunst am Morgenkaffee

In der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit lassen sich die Stimmungen wunderbar beobachten. Die Frau neben mir murmelt, dass „die jungen Leute ja sowieso nichts tun wollen“. Ein älterer Herr nickt zustimmend, während er seine Aktentasche strafft, als wollte er mit physischer Härte die Realität festhalten. Das BGE? Für sie ein Symbol für die angebliche Faulheit der Gesellschaft.

Dabei geht es längst nicht nur um die eigenen Finanzen. Es geht um Angst, Kontrolle und die berüchtigte Vergleichskultur: „Wenn ich jahrelang schuften musste, sollen die anderen doch auch.“ Missgunst ist hier das Schlüsselwort. Sie klebt wie Kaugummi an den öffentlichen Debatten, macht rationale Diskussionen schwer und erstickt Ideen, die langfristig der ganzen Stadt nutzen könnten.

Tatsächlich zeigen internationale Pilotprojekte aus Finnland, Kanada und den Niederlanden, dass das BGE Menschen nicht faul macht, sondern ihnen Freiraum gibt: für Weiterbildung, kreative Projekte oder die Pflege von Angehörigen. Wer in Hamburg trotzdem dagegen stimmt, handelt also nicht aus Information, sondern aus Reflex.

Kurzsichtigkeit in Zeiten der KI

Und dann kommt die Realität mit einem Ruck: Künstliche Intelligenz. Jobs, die gestern noch als sicher galten, sind heute in der Warteschlange zur Automatisierung. Bürokräfte, Logistiker, Callcenter-Mitarbeiter – alle bedroht. Sogar kreative Berufe stehen auf dem Prüfstand. KI kann Texte schreiben, Bilder gestalten, einfache Beratungsgespräche führen.

Wer heute noch „Nein“ zum BGE sagt, wird morgen wahrscheinlich denselben Menschen gegenüberstehen, den er zuvor verurteilt hat: dem arbeitslosen Nachbarn oder der ehemals selbstständigen Barista, die jetzt Online-Content erstellt, während der Algorithmus die Drinks mixt.

Hamburgs Entscheidung wirkt hier wie ein eingefrorenes Bild. Die Stadt setzt auf Tradition, Stabilität und Angstkontrolle – und ignoriert dabei die Realität, dass Technologie keine Pause macht. Die Missgunst der Gegenwart wird so zur Problemquelle der Zukunft.

Die menschliche Komponente

Natürlich ließe sich sagen: „Alle sind dumm, alle haben Angst, alles ist verloren.“ Aber so einfach ist es nicht. Menschen handeln in komplexen Systemen, beeinflusst von Kultur, Politik und persönlichen Erfahrungen. Die Angst vor Veränderung ist universell, und Missgunst oft eine Mischung aus Unsicherheit und gesellschaftlicher Erziehung.

Dennoch zeigt sich ein Muster: Offene, pragmatische Ansätze zahlen sich aus. Städte, die Pilotprojekte für das BGE starten, die Weiterbildung und Umschulung fördern und neue Arbeitsmodelle ausprobieren, schaffen langfristig Resilienz. Wer den Blick auf die Zukunft richtet, gewinnt. Wer in Missgunst und Vorurteilen verharrt, riskiert die soziale und wirtschaftliche Stabilität.

Ausblick: Lernen oder Verlieren

Die Hamburger Entscheidung ist eine Momentaufnahme. Sie zeigt, wie schnell Missgunst und Kurzsichtigkeit die politische Diskussion dominieren können. Aber sie ist kein finales Urteil über die Stadtgesellschaft. Die kommenden Jahre werden zeigen, wer flexibel denkt, wer die Chancen der Digitalisierung erkennt und wer sich vom alten Reflex leiten lässt: Angst und Missgunst.

Vielleicht ist es genau das, was wir brauchen: eine Diskussion, die nicht auf Schuldzuweisungen basiert, sondern auf konkreten Szenarien, Daten und Erfahrungen. KI wird kommen, Automatisierung wird kommen – und die Menschen, die heute noch „nein“ zum BGE sagen, werden sich entscheiden müssen: mitziehen oder zurückbleiben. Die Zukunft wartet nicht, und Missgunst wird sie nicht aufhalten.