Von "Ekel Alfred", "Ausländer" und ihren "komischen Gerichten"

Stellen wir uns einen Abend im Deutschland der 1950er Jahre vor. Die Männer treffen sich im Wirtshaus, trinken ihr Bier und bestellen vielleicht eine große Portion Bratkartoffeln mit Speck. Die Frauen? Sie kochen daheim Kartoffelsuppe für die Familie oder backen einen Apfelkuchen. Restaurants? Die waren für viele Deutsche purer Luxus – reserviert für Hochzeiten, Jubiläen oder einen Sonntagsbraten. Eine kulinarische Reise um die Welt? Fehlanzeige. Stattdessen dominierte Eintönigkeit die Teller, gewürzt mit einem Hauch von Nachkriegsverzicht.
Doch dann kam eine Generation, die alles veränderte.
Als die Türkei, Italien und Griechenland die deutsche Straßenecke eroberten
Mit den Gastarbeitern der 1960er Jahre kamen nicht nur fleißige Hände, sondern auch neue Aromen ins Land. Italiener brachten Pizza, die zunächst für deutsche Gaumen äußerst exotisch war, während die ersten griechischen Tavernen mit Tzatziki und Gyros lockten. Und dann natürlich die Türkei: Mit ihrem Kebap, der aus unscheinbaren Imbissbuden ein Stück Heimat für alle wurde. Heute kann sich Deutschland keinen Imbiss ohne einen Drehspieß vorstellen, und das zu Recht.

Die Gastronomie vor der Revolution: Ein Blick zurück
Vor den 1960er Jahren war Deutschlands Gastronomie eine andere Welt:
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Wirtshäuser regierten die Szene: Traditionelle Speisen wie Schweinsbraten, Rinderrouladen und Sauerkraut waren gesetzt. Regionale Vielfalt gab es, aber die Grenzen waren klar: Kein Frankfurter hätte damals "Fremdgerichte" wie Pizza bestellt.
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Essen als Luxus: Essen gehen war etwas Besonderes. Für die meisten Familien spielte sich die Kulinarik am heimischen Küchentisch ab. Restaurants waren vor allem Treffpunkte für die Oberschicht.
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Kulinarische Isolation: Internationale Küche war so gut wie unbekannt. Ein französisches Restaurant galt als Gipfel der Raffinesse, während exotische Küche bestenfalls als "absonderlich" wahrgenommen wurde.
Vom Stammtisch zur globalen Bühne
Heute sieht es anders aus. Der Duft von Curry, das Sizzlen von Tapas, die Schärfe eines Döners – all das gehört zum Alltag in deutschen Städten. Was damals mit kleinen Familienbetrieben begann, ist heute eine riesige, bunte Gastronomielandschaft:
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In den 1970ern kamen die ersten Pizzerien.
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In den 1980ern die griechischen Tavernen.
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Heute gibt es Sushi-Bars, vietnamesische Suppenküchen und vegane Bowls an jeder Ecke.
Dankbarkeit statt Nostalgie
Es ist kein Zufall, dass "Ekel Alfred", der legendäre Misanthrop aus der Serie Ein Herz und eine Seele, der modernen Gastronomie skeptisch gegenüberstand. Für ihn waren "Ausländer" und ihre "komischen Gerichte" ein Symbol des Wandels. Doch gerade dieser Wandel hat Deutschland bereichert – nicht nur kulinarisch, sondern kulturell. Ohne die Gastarbeiter und ihre Ideen wäre Deutschland kulinarisch immer noch ein Land der Wirtshäuser, in dem man exotisch ist, wenn man Kümmel im Sauerkraut meidet.
Ein Hoch auf Vielfalt und Gemeinsamkeit
Die anfängliche Skepsis, wie sie von „Ekel Alfred“ und anderen vertreten wurde, gehört heute der Vergangenheit an. Die Vorurteile, die damals gegenüber den Gerichten und Kulturen der Gastarbeiter existierten, haben einem breiten Verständnis und einer tiefen Wertschätzung Platz gemacht. Was einst als „fremd“ galt, ist längst Teil des Alltags geworden – und zeigt, wie Vorurteile überwunden werden können, wenn Menschen einander begegnen und voneinander lernen.
Kulturelle Vielfalt ist nicht nur eine Bereicherung für den Gaumen, sondern auch ein Fundament für ein gemeinsames Miteinander. Sie erinnert uns daran, dass Wandel nicht Bedrohung, sondern Chance bedeutet. Die Gastarbeiter und ihre Nachkommen haben Deutschland nicht nur kulinarisch, sondern auch kulturell bereichert – und damit zu einem Land gemacht, das in seiner Vielfalt und Offenheit seine Stärke findet.
Vielleicht hätte selbst „Ekel Alfred“ sich an einem würzigen Döner oder einer dampfenden Pizza erfreut, wenn er die Chance gehabt hätte, über seinen Tellerrand zu blicken. Und genau das wünschen wir euch allen: eine Weihnachtszeit voller Offenheit, gemeinsamer Freude und neuen Entdeckungen – sei es kulinarisch oder im Leben.
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht euch das Team von fiyaka.net!
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