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TamTam im Hanseviertel: Vom Gastro-Feuerwerk zum Küchen-Karaoke

TamTam im Hanseviertel: Vom Gastro-Feuerwerk zum Küchen-Karaoke

TamTam, TamTam – und schon wieder ein Schlagzeugsolo auf der kulinarischen Schlagader Hamburgs. So könnte man die Eröffnung des „Le big TamTam“ im Juli 2024 fast hören, wenn man zwischen den bunten Ständen der ehemaligen Mövenpick-Fläche im Hanseviertel steht. Fünf Restaurants, ein Bäcker, eine Bar, alles auf 2.000 Quadratmetern, und ein Konzept, das sich so ambitioniert anfühlte, als hätte jemand beschlossen, alle Küchen der Welt unter ein Dach zu zwängen. Pizza, Ramen, Chicken, Fisch, alles gleichzeitig, alles ein bisschen wie ein gastronomisches Festival, auf das niemand den Ticketverkauf kontrollierte. Die Gäste strömten, die Social-Media-Influencer klickten schon vor dem ersten Bissen auf „Posten“, und die Instagram-Filter glühten – doch hinter der polierten Fassade kündigten sich die ersten Probleme an.

Die Eröffnung war ein wenig wie eine Live-Performance auf dem Drahtseil. Zunächst die Verzögerungen wegen der Brandschutzauflagen, dann ein Abwasserproblem, das schon nach einem Monat für eine unfreiwillige Pause sorgte. Wer dachte, er käme nur zum Essen, stand plötzlich vor der Realität, dass Gastro-Tempel eben auch technische Herausforderungen haben können.

Pleiten, Pech und Pancakes: Wenn Visionen stolpern

Die Realität holte das ambitionierte Konzept schnell ein: Die LbTT Bar meldete Insolvenz, der Taco-Stand Miguelez schloss im Februar 2025, die Fünfviertel-Bakery legte ebenfalls die Schilder um. Was blieb, war ein einsamer Foodstand, tapfer wie ein Rockstar, der noch die Bühne rockt, nachdem die Band abgehauen ist.

Und genau das macht das TamTam spannend: Die Mischung aus Erfolgshunger und Scheitern, aus kulinarischem Anspruch und logistischen Albträumen. Hamburg hat in den letzten Jahren viele Gastro-Eröffnungen gesehen, aber kaum eine so ambitioniert und gleichzeitig fragil. Die Betreiber hatten die Vision eines internationalen Gastro-Marktplatzes, der schnell, bunt, lecker und instagrammable sein sollte. Sie wollten das Einkaufserlebnis der Innenstadt mit Geschmack, Geruch und Textur anreichern, ein bisschen wie ein kulinarischer Jahrmarkt, bei dem man von Stand zu Stand hüpft, probiert, lacht und vielleicht ein bisschen überfordert wird.

Man konnte den Moment fast spüren, als das TamTam zum ersten Mal die Türen öffnete: Die Gäste schlenderten durch die bunt eingerichteten Räume, von Stühlen und Tischen umgeben, die so platziert waren, dass man das Gefühl hatte, in einem modernen Food-Festival zu stehen. Der Duft von Pizza mischte sich mit dem Aroma von gegrilltem Lamm, fermentiertem Gemüse und frisch gebackenem Brot, eine orchestrierte Explosion für die Sinne. Einige Passanten blieben stehen, neugierig, einige zog es eher zur Bar – und genau hier zeigte sich, wie sehr ein Konzept mit zu vielen Ecken und Kanten kämpfen kann.

Die Insolvenzmeldungen kamen wie kleine Trommelschläge: Ein Stand nach dem anderen musste schließen. Die Betreiber standen vor der Herausforderung, etwas zu halten, das fast zu groß geraten war für die Realität. Doch es gibt immer diese eine Szene, in der ein letzter Überlebender die Bühne betritt: Ein Foodstand hielt durch, servierte weiter Gerichte, die noch Geschmack und Liebe hatten, und erinnerte daran, dass das Herz des TamTam trotz allem nicht aufhört zu schlagen.

Neuer Beat fürs TamTam: Hoffnung zwischen Currywurst und Sushi

Trotz allem bleibt die Faszination: Es ist diese Mischung aus Scheitern und Hoffnung, aus großen Visionen und kleinen Stolpersteinen, die Hamburgs Gastro-Szene aufregend macht. Wer heute über das TamTam spricht, spricht nicht nur über eine Gastro-Eröffnung, sondern über Ambitionen, über die Kunst, Großes zu wagen, über die kleine Poesie, die entsteht, wenn Pizza auf Ramen trifft und Chicken Wings neben Sushis liegen.

Centermanager Lars Sammann kündigte an, dass das Hanseviertel die Gastronomie-Fläche überarbeiten wolle. Die Wiedereröffnung ist für das Weihnachtsgeschäft geplant, die Grundidee bleibt: internationale, kreative Küche, ein Ort, an dem Geschmacksexperimente nicht nur erlaubt, sondern gewollt sind. Die neuen Betreiber sollen die Learnings aus der chaotischen Anfangsphase einbringen – vielleicht wird das TamTam diesmal stabiler, aber mindestens genauso bunt und lebendig.

Popkulturell könnte man das Ganze fast als ein „Kitchen Nightmares“-Spin-off betrachten – nur ohne Gordon Ramsay. Stattdessen spielen die Betreiber selbst die Rolle der chaotischen Meister, die zwischen Insolvenzmeldungen und Food-Festival-Vibes navigieren. Die Instagram-Posts, die schon vor der Eröffnung viral gehen sollten, wirken jetzt wie ein Archiv eines Experiments, das man so noch nie in Hamburg gesehen hat.

Und wer weiß, vielleicht wird die nächste Version des TamTam die Stadt verzaubern. Vielleicht wird es stabil, durchdacht und trotzdem so lebendig, dass jeder Gast das Gefühl hat, auf einem kulinarischen Karussell zu sitzen, das noch schnell ein paar Loopings dreht, bevor man aussteigt. Das TamTam ist ein Lehrstück für alle, die glauben, dass man in der Gastro nur Kochen muss: Man muss inszenieren, improvisieren, lachen, scheitern und wieder aufstehen – genau wie ein Schlagzeugsolo, das manchmal schiefläuft, aber trotzdem das Publikum mitreißt.

Hamburg hat wieder einen Gastro-Spot, der polarisiert, der begeistert, der scheitert und wieder aufersteht. Wer neugierig ist, sollte ihn im Auge behalten, Fotos machen, probieren, lachen und sich darauf einlassen. TamTam, TamTam – manchmal ist das Chaos der beste Koch.