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Mikroplastik in Fisch und Meeresfrüchten: Was kommt da eigentlich auf den Teller?

Fisch Fangnetze - Was ist Mikroplastik – und wie landet es im Fisch?

Hamburg, Fischmarkt. Ein halber Hering für unterwegs, die Nordseekrabben frisch gepult auf Schwarzbrot, und zum Abend Miesmuscheln in Weißweinsoße. Was für viele wie ein ehrlicher Klassiker klingt, hat einen unsichtbaren Beigeschmack: Mikroplastik. Klein wie Pfefferkörner, manchmal noch feiner, tauchen diese Partikel inzwischen regelmäßig in Muscheln, Krustentieren und Speisefischen auf. Auch auf Hamburger Tellern.

Was ist Mikroplastik – und wie landet es im Fisch?

Mikroplastik entsteht durch den Zerfall von Plastikmüll, durch Kosmetika, durch Kleidung. Reifenabrieb ist inzwischen einer der größten Verursacher. Diese winzigen Teilchen gelangen über Flüsse, Abwasser und Luft in die Meere. Dort nehmen sie Muscheln und Fische ungewollt auf.

Studien der Uni Hamburg und Greenpeace zeigen seit Jahren: Mikroplastik findet sich in Miesmuscheln, Heringen, Austern – auch aus Nord- und Ostsee. Und: Auch verarbeitete Ware auf Hamburger Märkten bleibt nicht verschont. Selbst wenn sie sauber aussieht.

Die Partikel sind teilweise so klein, dass sie mit bloßem Auge nicht erkennbar sind. Trotzdem sind sie da – in den Kiemen, im Verdauungstrakt, in manchen Fällen auch im Muskelfleisch.

Was heißt das für uns als Esser*innen?

Wer Fisch isst, isst Mikroplastik mit. Das gilt vor allem bei Tieren, die im Ganzen verzehrt werden: Muscheln, Garnelen, kleine Fische.

Wie sich das auf die Gesundheit auswirkt? Noch nicht abschließend geklärt. Klar ist: Mikroplastik kann Schadstoffe transportieren, Entzündungen fördern, sich in Organen anreichern. Manche Kunststoffe wirken im Körper wie Hormone, andere binden Schwermetalle.

Mediziner und Umwelttoxikologen fordern seit Jahren mehr Forschung – weil die Auswirkungen im menschlichen Körper bislang nur unzureichend untersucht sind. Sicher ist nur: Je weniger davon im Essen, desto besser.

Und was bedeutet das für Gastronomiebetriebe?

Fisch ist für viele Küchen zentraler Bestandteil. Wer auf regionale Qualität achtet, steht trotzdem vor einem Dilemma: Auch Nordseefisch kann belastet sein. Selbst Bioware bietet keine vollständige Sicherheit, weil Mikroplastik über Wasser, Luft und Nahrungsketten verbreitet wird.

Das Vertrauen der Gäste hängt immer stärker davon ab, wie offen mit solchen Themen umgegangen wird. Einige Hamburger Betriebe setzen bereits auf Aufklärung: Herkunft transparent machen, Zubereitung anpassen, Alternativen anbieten. Auch Workshops, Küchentalks oder kurze Hinweise auf Speisekarten sind Wege, wie Restaurants Verantwortung zeigen können.

Auch Nordseefisch kann belastet sein. Selbst Bioware bietet keine vollständige Sicherheit, weil Mikroplastik über Wasser, Luft und Nahrungsketten verbreitet wird.

Vegane Fischgerichte, Algen, Pilzproteine oder seltener konsumierte Fische mit kurzer Lieferkette werden zunehmend Teil der Speisekarten. Nicht als Verzicht, sondern als Erweiterung.

Gastronomie kann hier eine Vorreiterrolle spielen – nicht als Moralinstanz, sondern als Trendsetter. Wer ehrlich und klug mit dem Thema umgeht, hebt sich ab.

Was können Gastronom*innen tun?

  • Lieferketten hinterfragen. Wer liefert den Fisch? Wo wurde er gefangen? Wie wurde er verarbeitet?

  • Aufklärung bieten. In Menütexten oder Gesprächen bewusst machen, warum Nachhaltigkeit dazugehört.

  • Alternativen testen. Nicht jede*r Gast braucht Lachsfilet. Es gibt hochwertige, unbelastete Optionen.

  • Zertifikate nutzen. Labels wie MSC oder ASC sind kein Garant, aber ein Einstieg.

  • Mitarbeiter*innen schulen. Wenn das Team Bescheid weiß, können Gäste besser informiert werden.

  • Pilotgerichte anbieten. Ein „Clean Catch“-Tag pro Woche, Fischgerichte mit transparenter Herkunft – solche Signale zeigen Haltung.

Und die Gäste?

Viele wissen um das Thema, wenige wollen darüber sprechen. Dabei ist Transparenz der Schlüssel. Wer als Gastronom*in ehrlich kommuniziert, schafft Vertrauen.

Gleichzeitig kann auch der Gast seinen Teil beitragen: Seltener Fisch, dafür hochwertiger. Fragen stellen. Neues probieren. Und bereit sein, Algenburger oder Pilz-Calamari nicht automatisch als Verzicht zu sehen, sondern als Weiterentwicklung der Küche.

Denn Essen ist Kultur. Und Kultur verändert sich – gerade dann, wenn Menschen mitdenken und mitmachen.

Ein Blick über den Tellerrand

Andere Städte machen es vor: In Kopenhagen setzen mehrere Restaurants auf „ocean-friendly menus“, bei denen Fisch aus unbelasteten Aquakulturen stammt oder ganz durch pflanzliche Alternativen ersetzt wird. In Paris gibt es Lokale, die auf jedem Gericht die CO₂- und Mikroplastik-Bilanz schätzen und transparent machen. In Berlin vernetzen sich Köchinnen mit Wissenschaftlerinnen, um die Herkunft ihrer Produkte besser zu verstehen.

Und Hamburg? Hat mit seinem Fischmarkt, mit St. Pauli und mit der Elbe eine riesige Bühne – und die Chance, auch in Sachen Mikroplastik Vorbild zu sein.

Was bleibt?

Mikroplastik ist da. In Fischen, Muscheln, Tellern. Wer in der Gastro arbeitet, kann das Thema nicht ignorieren. Also: Lieferanten prüfen, mit Gästen sprechen, neue Gerichte ausprobieren.

Es geht nicht um Panik. Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen, ohne den Genuss zu verlieren.

Wer das hinkriegt, macht seinen Job gut.

Wer mehr will, macht ihn besser.