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Kein Bier, kein Frieden – Wiesn 2025 wird bitterteuer

Kein Bier, kein Frieden – Wiesn 2025 wird bitterteuer

Der Bierpreis auf dem Münchner Oktoberfest 2025 kratzt an der Schmerzgrenze. Bis zu 15,80 Euro für eine Maß. Die untere Schwelle liegt bei 14,50 Euro. Damit rutscht das Fest aus dem Bereich dessen, was viele als normal empfinden. Nicht wegen ein paar Cent oder Prozent, sondern weil der Preis zur Botschaft wird: Dieses Fest ist nicht mehr für alle.

Lange war die Wiesn ein Fest der Massen. Wer wollte, konnte hin. Ob Student, Azubi, Arbeiter, Familie mit Kindern. Ein halber Liter Spezi, ein Hendl, ein bisschen Musik – das war drin. Heute muss man rechnen. Zwei Maß, ein einfaches Essen, vielleicht eine Runde für Freunde. Der Abend kostet mehr als ein Wochenendtrip. Die meisten schlucken den Preis, manche grummeln, viele verzichten. Es wird nicht laut protestiert, es wird geschluckt – wie so vieles in den letzten Jahren.

Stattdessen verändert sich die Stimmung leise. Man schaut sich um und erkennt immer weniger bekannte Gesichter. Immer mehr Touristen. Immer mehr VIP-Bereiche. Influencer mit Kamera statt Maßkrug. Designer-Dirndl, teure Accessoires, reservierte Tische mit Mindestumsatz. Wer spontan kommen will, steht oft vor vollen Zelten und überteuerten Preisen. Die Maß ist nicht einfach teurer geworden. Sie ist zu einem Filter geworden.

Oberbürgermeister Dieter Reiter wird am 20. September 2025 um Punkt 12 Uhr das erste Fass anzapfen. „O’zapft is“ heißt es dann wieder, begleitet von Fernsehkameras, Promi-Bildern und der immergleichen Schlagzeile. Doch hinter dem symbolischen Hammerschlag beginnt ein Volksfest, das längst nicht mehr jeden mitnimmt. Und mit jedem weiteren Jahr, in dem die Preise steigen, verliert die Wiesn Stück für Stück ihre Bodenhaftung.

Der wirtschaftliche Druck ist real. Höhere Löhne, steigende Energiekosten, Sicherheitsanforderungen, Mieten – alles treibt den Preis. Wer ein Zelt betreibt, zahlt sechsstellige Beträge, bevor der erste Liter Bier fließt. Die Brauereien selbst stehen unter Druck. Sie zahlen mehr für Rohstoffe, Transport, Personal. Und sie wissen: Die Wiesn ist ihr Aushängeschild. Dort wird verdient, dort wird geworben, dort wird kalkuliert.

„O’zapft is“ - Oberbürgermeister Dieter Reiter wird am 20. September 2025 um Punkt 12 Uhr das erste Fass anzapfen

Wem aber, gehört dieses Fest eigentlich noch? Der Stadt? Den Wirten? Den Brauereien? Oder den Menschen, die kommen? Wenn Eintrittspreise offiziell fehlen, aber die Preise im Zelt jeden Besucher ausbremsen, dann stimmt das Bild nicht mehr. Es wird nicht offiziell ausgeschlossen – aber auch nicht wirklich eingeladen.

Wer einmal mittags in ein Zelt geht, sieht es sofort. Die Tische in den besseren Lagen sind reserviert. Die Bedienungen bringen schon vor der ersten Bestellung die Rechnung. Wer nicht geübt ist, verliert schnell den Überblick. Wer kein Stammgast ist, fühlt sich fremd. Wer kein Budget mitbringt, steht am Rand. Und wer fragt, warum das alles so teuer ist, bekommt Zahlen. Keine Antworten.

Dabei geht es nicht um Nostalgie. Niemand erwartet, dass die Maß wieder sieben Euro kostet. Aber irgendwo zwischen Tradition und Profit hat sich das Gleichgewicht verschoben. Das Oktoberfest war immer groß, laut, trinkfreudig. Aber es hatte eine Wärme. Einen offenen Charakter. Genau das bröckelt. Wer sich heute umhört, hört Sätze wie: „Früher war’s anders.“ Oder: „Einmal reicht.“ Das ist keine Stimmung gegen Veränderung – das ist eine Reaktion auf Entfremdung.

Viele nehmen die Preise inzwischen hin wie Wetter. Man kann sich aufregen, aber ändern lässt sich wenig. Die Besucherzahlen bleiben hoch, solange der Tourismus mitmacht. Aber für die Münchner selbst, für die Bayern auf dem Land, für die Nachbarn aus der Region, wird die Wiesn mehr und mehr zur Show ohne Platzkarte. Für sie ist das Fest nicht mehr nah dran. Es ist irgendwo dort hinten, jenseits von Bändchen, Vorbestellung und 15-Euro-Bier.

Dabei könnten Stadt und Veranstalter gegensteuern. Zum Beispiel mit subventionierten Tagen für Einheimische. Mit Kontingenten ohne Mindestumsatz. Mit einem klaren Bekenntnis, dass dieses Fest allen gehören soll. Aber diese Signale fehlen. Es gibt Prüfungen, Kalkulationen, offizielle Stellungnahmen. Doch was am Ende ankommt, ist einfach: Es wird jedes Jahr teurer. Und es wird jedes Jahr exklusiver.

Die Wiesn wird 2025 wieder Millionen anziehen. Keine Frage. Menschen aus aller Welt werden kommen, trinken, feiern, posten. Das Event bleibt riesig. Aber das Gefühl, dass es nicht mehr für alle gedacht ist, wächst. Und dieses Gefühl bleibt auch dann, wenn das letzte Maß längst leer ist.