Influencer und die Jagd nach Klicks: Am Rande der Legalität

In der Welt der Influencer ist der Erfolg eng mit der Zahl der Klicks, Likes und Follower verknüpft. Je mehr Aufsehen man erregt, desto größer wird die Reichweite. Doch was passiert, wenn Influencer in ihrer Jagd nach Aufmerksamkeit immer weiter gehen – und dabei die Grenze des Anstands überschreiten? Der Fall von „Langlebepapa“ aus Hamburg ist nur eines von vielen Beispielen, das zeigt, wie weit Influencer bereit sind zu gehen, um ihre Popularität zu steigern. Doch er ist nicht der einzige. Immer mehr Influencer überschreiten bewusst oder unbewusst Grenzen, nur um ihre Reichweite zu vergrößern. Hier werfen wir einen Blick auf einige dieser Vorfälle.
Langlebepapa: Die Inszenierung als Lebensmittelkontrolleur
Der Influencer „Langlebepapa“ (Benjamin Blümchen) gab sich auf Instagram und TikTok als Lebensmittelkontrolleur aus, filmte sich dabei bei angeblichen „Kontrollen“ in Restaurants und erlangte damit eine hohe Aufmerksamkeit. Er betrat gastronomische Betriebe im Hamburger Stadtteil Altona und überprüfte mit einem Thermometer die Lagerung und Temperatur der Lebensmittel. Dabei stellte er sich mit verschiedenen erfundenen Namen vor, darunter „Dr. Spargel Tarzan“ und „Alice Weidel“, und filmte alles, ohne jegliche Genehmigung oder rechtliche Grundlage.
Die Restaurantbesitzer, die zum Teil nur gebrochen Deutsch sprachen, sahen sich auf unangemessene Weise kontrolliert und bloßgestellt. Viele von ihnen hatten keine Ahnung, dass sie in eine inszenierte Falle geraten waren. Die Videos, die „Langlebepapa“ postete, wurden millionenfach angesehen, ernteten aber auch Kritik. Er verspottete die Gastronomen und brachte deren mangelnde Sprachkenntnisse in Verbindung mit seiner „Kontrolle“, was ihm den Vorwurf der Diskriminierung einbrachte. Es war ein Fall von Aufmerksamkeit um jeden Preis – und die Kosten trugen die Restaurantbesitzer.
Als der Vorfall schließlich an die Öffentlichkeit geriet, ermittelte die Polizei gegen ihn wegen Amtsanmaßung, und seine Wohnung wurde durchsucht. Trotz der rechtlichen Konsequenzen blieb „Langlebepapa“ standhaft, bezeichnete das Vorgehen der Polizei als unangemessen und versuchte sich öffentlich zu verteidigen. Doch der Schaden war bereits angerichtet: Die ethische Frage nach der Grenze zwischen Satire und Missbrauch war unbeantwortet.
Der „Prank-Guru“: Schockt für Klicks
Ein weiteres Beispiel für den eskalierenden Drang nach Klicks ist der sogenannte „Prank-Guru“ Toni P., ein Influencer, der in den sozialen Medien regelmäßig Streiche filmt, die meist auf Kosten ahnungsloser Passanten gehen. Einer seiner „Pranks“ ging besonders viral: Toni P. täuschte in einem Restaurant eine Lebensmittelvergiftung vor und drehte das Ganze auf, als wäre es ein echter Vorfall, den er dann mit einem dramatischen Video dokumentierte.

Das Video, in dem er sich übergeben musste und behauptete, das Essen sei schuld, löste zahlreiche Reaktionen aus. Das Restaurant, das er dafür auswählte, erlebte negative Bewertungen und eine Menge Ärger, obwohl sich später herausstellte, dass es sich nur um einen inszenierten Streich handelte. Toni P. entschuldigte sich später in einem Video und versuchte, den Vorfall herunterzuspielen. Doch die Öffentlichkeit war geteilter Meinung: Die meisten Zuschauer empfanden seine Aktion als extrem respektlos gegenüber den Betreibern des Restaurants und deren Kunden.
Die Beauty-Influencerin: Fake-Bewertungen und unethische Werbung
Ein weiteres Beispiel für den zunehmenden Druck, Klicks zu generieren, ist der Fall der bekannten Beauty-Influencerin Luisa M.. Luisa, die in der Beauty-Community einen großen Namen gemacht hatte, wurde von einer Untersuchung überrascht, die ihr vorwarf, in den vergangenen Monaten mehrere Produkte beworben zu haben, ohne sie selbst jemals verwendet zu haben. In ihren Posts lobte sie Produkte, die sie nie getestet hatte, und ließ ihre Follower glauben, dass es sich um persönliche Empfehlungen handelte.
Zudem soll Luisa gefälschte Bewertungen für diese Produkte erstellt haben, um den Eindruck zu erwecken, dass sie besonders gut bei ihren Fans ankamen. Als die Manipulationen aufflogen, stellte sich heraus, dass sie in Zusammenarbeit mit einer Marketingagentur bezahlte Werbung als „ehrliche Reviews“ tarnte. Die Auswirkungen auf ihre Glaubwürdigkeit waren verheerend, und viele ihrer Follower fühlten sich hintergangen.
Trotz der negativen Reaktionen erklärte Luisa, dass sie unter enormem Druck stehe, immer neue Produkte zu bewerben, um ihre Reichweite zu erhalten. Sie entschuldigte sich, aber das Vertrauen in sie war gebrochen. Ihre Handlungen werfen ein weiteres Licht auf die dunkle Seite der Influencer-Welt: die Versuchung, die eigenen Follower zu manipulieren, um kommerziellen Erfolg zu erzielen.
Warum der Drang nach Klicks so gefährlich ist
Was „Langlebepapa“, Toni P. und Luisa M. gemeinsam haben, ist der gleiche Drang nach Aufmerksamkeit und Anerkennung. Sie haben erkannt, dass in der Welt der sozialen Medien nicht nur die Qualität ihrer Inhalte zählt, sondern vor allem die Fähigkeit, aufzufallen. Doch während die meisten Influencer zu Beginn ihre „Reise“ als authentische Persönlichkeiten begannen, verlieren sie mit der Zeit immer mehr ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie zu extremen Maßnahmen greifen. Sie sind nicht nur Entertainer, sondern auch Geschäftsleute, die ihre Marken immer weiter auf Kosten anderer Menschen aufbauen.
Der Einfluss, den Influencer heute haben, ist immens. Millionen von Menschen folgen ihnen und vertrauen auf ihre Empfehlungen, doch dieser Einfluss kann schnell missbraucht werden, wenn der Wunsch nach Klicks über das Wohl anderer gestellt wird. Der Fall von „Langlebepapa“ zeigt, wie schnell aus vermeintlich harmlosen Video-Uploads rechtliche Konsequenzen entstehen können.
Die Jagd nach Klicks führt nicht nur zu einem Verlust der Authentizität, sondern auch zu einem ethischen Problem. Influencer werden zu Akteuren einer Welt, in der der Zweck die Mittel heiligt und die Verantwortung gegenüber den Menschen, die sie beeinflussen, immer weiter in den Hintergrund tritt.
Die Verantwortung der User
Die Verantwortung liegt nicht nur bei den Influencern. Die User und Follower sind mitverantwortlich. Sie sind die, die die Inhalte konsumieren, weiterverbreiten und damit die Influencer erst zu dem machen, was sie sind. In einer Welt, in der die Belohnung für provokante Inhalte so hoch ist, sollten sich die Konsumenten bewusst machen, welchen Preis sie bereit sind, für Unterhaltung und Schockwert zu zahlen. Wenn Inhalte weiterhin nach dem Motto „Je extremer, desto besser“ bewertet werden, wird sich dieses Verhalten fortsetzen.
Der Trend, für Aufmerksamkeit zu sorgen, indem man extreme Maßnahmen ergreift, wird sich weiter verbreiten, solange es eine Zielgruppe gibt, die solche Inhalte unterstützt. Es bleibt die Frage, wie lange diese Form der Unterhaltung weitergehen kann, ohne dass die Glaubwürdigkeit der Influencer und das Vertrauen der Zuschauer nachhaltig beschädigt werden. Der wahre Preis des Erfolgs in den sozialen Medien könnte weit höher sein, als viele sich bewusst machen.
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