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Butter löst Pastakrise aus

Eine britische Webseite empfahl ein Cacio-e-Pepe-Rezept mit Butter und Parmesan – und brachte damit Italien ins Kochen. Im wahrsten Sinne.

Ein Teller Pasta hat schon viele Diskussionen ausgelöst – über Garzeiten, Soßendicke oder ob man Parmesan auf Meeresfrüchte streut (Spoiler: nein). Doch was gerade zwischen Großbritannien und Italien passiert, ist mehr als bloß kulinarische Spitzfindigkeit. Es ist eine kleine internationale Krise mit viel Geschmack und noch mehr Stolz.

Denn der jüngste Anlass zur Empörung: Eine britische Webseite empfahl ein Cacio-e-Pepe-Rezept mit Butter und Parmesan – und brachte damit Italien ins Kochen. Im wahrsten Sinne.

Die Originalversion des römischen Traditionsgerichts ist eine Lektion in Reduktion: Pasta, Pecorino, schwarzer Pfeffer. Sonst nichts. Kein Öl, keine Butter, kein Parmesan. Die Emulsion entsteht allein durch heißes Nudelwasser, Reibekäse und Geduld. Wer sich an diese schlichte Kombination hält, spürt, wie aus drei Zutaten ein kulinarisches Gedicht wird – erdig, salzig, cremig. Aber eben auch empfindlich.

Rezept oder Sakrileg?

Als die Rezeptplattform Good Food, ehemals Teil der BBC, eine Variante mit Butter veröffentlichte, fühlten sich viele Italiener:innen nicht nur irritiert, sondern regelrecht provoziert. Die Reaktionen reichten von ironischem Gelächter bis zur formellen Kritik durch gastronomische Verbände. Die Zutat Butter – in britischer Küche ein Allrounder – wird in der römischen Originalversion als überflüssig und geschmacklich irreführend empfunden. Parmesan statt Pecorino? Für Puristen kaum weniger schlimm.

Kritiker warfen dem Portal „Küchenkolonialismus“ vor – das Verwässern einer regionalen Identität unter dem Deckmantel internationaler Kreativität. Zwar sind Rezeptvarianten keine Seltenheit, doch im Fall von Cacio e Pepe trifft die Diskussion auf einen Nerv: Die italienische Küche lebt von Präzision, Tradition und klaren Regeln. Wer sie ignoriert, greift nicht nur in den Kochtopf, sondern auch in ein kulturelles Selbstverständnis.

Empörung mit diplomatischer Note

Das Ganze eskalierte soweit, dass ein römischer Gastronomieverband sogar die britische Botschaft informierte – eine symbolische Geste, aber eine mit Nachdruck. Die Forderung: eine öffentliche Korrektur des Rezepts auf der Webseite. Dass ein Pasta-Rezept diplomatische Kanäle aktiviert, klingt absurd. Doch für viele Italiener:innen ist das nur folgerichtig.

Der Vorwurf lautet nicht, dass man in der eigenen Küche keine Butter verwenden dürfe – natürlich kann jeder kochen, wie er möchte. Es geht vielmehr darum, was als „Original“ verkauft wird. Wer Cacio e Pepe schreibt, soll Cacio e Pepe meinen – und nicht eine Pasta mit Käsebuttersoße.

Man stelle sich vor, jemand veröffentlichte ein „authentisches“ deutsches Weißwurst-Rezept – mit Rindfleisch, Curry und Sojasauce. Empörung garantiert.

Warum das mehr ist als ein Medien-Gag

Diese Art von Konflikt zeigt, wie ernst nationale Küchen genommen werden – und wie sehr Essen mit kultureller Identität verwoben ist. Gerade in Italien gilt Kochen nicht nur als Fertigkeit, sondern als Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Großmütter geben ihre Rezepte weiter wie andere Menschen Erbstücke. Restaurants verteidigen regionale Zubereitungsarten mit Inbrunst. Und die Zubereitung eines so minimalistischen Gerichts wie Cacio e Pepe wird fast als Prüfstein des kulinarischen Respekts gesehen.

Die Reaktion aus Rom ist daher nicht bloß verletzter Stolz. Sie ist eine Mahnung, kulturelle Kontexte zu respektieren – besonders in einer Zeit, in der internationale Plattformen lokale Traditionen oft vereinfachen oder entstellen, um sie „zugänglicher“ zu machen.

Was bleibt?

Die betroffene Rezeptseite hat (bis dato) nicht öffentlich reagiert. Vielleicht wird man das Rezept umformulieren, vielleicht nicht. Am Herd hingegen tobt die Debatte weiter. Ist Butter in Cacio e Pepe wirklich ein Verbrechen? Oder bloß ein kreatives Missverständnis?

Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt. In Rom lautet sie: Finger weg vom Klassiker. In London: Butter geht immer. Und irgendwo dazwischen steht der hungrige Mensch, der am Ende doch nur eine gute Schüssel Pasta möchte.

Quellen:The Guardian, The Times, BBC Good Food, Il Messaggero, Wanted in Rome