Der Streik bei Birtat: Ein Wendepunkt in der Dönerindustrie?
Der Duft von gegrilltem Fleisch ist in vielen deutschen Städten ein vertrauter Begleiter – doch hinter den Döner-Imbissen tobt aktuell ein harter Arbeitskampf. Seit mehreren Wochen sorgt der Streik bei der Birtat Dönerfabrik in Baden-Württemberg für Schlagzeilen. Was als harmloser Arbeitskampf im Verborgenen begann, ist mittlerweile zu einem öffentlichen Streit zwischen den Beschäftigten und der Unternehmensführung geworden. Birtat, einer der größten Produzenten von Dönerspießen in Deutschland, stellt täglich Tonnen von Spießen her, die viele Dönerbuden landesweit beliefern. Doch nun steht das Unternehmen in der Kritik: Warum kämpfen die Mitarbeitenden auf einmal für faire Löhne, und was bedeutet dieser Streik für die Zukunft der Branche?
Der Arbeitskampf: Ein ungleiches Duell
Birtat-Produktion: Der Arbeitsalltag bei Birtat ist ein harter Job. „Fleisch zerkleinern, marinieren, Spieße stecken – und das bei eiskalten Temperaturen“, beschreibt Betriebsratschef Muzayfe Doganer die Bedingungen. Die 115 Mitarbeitenden der Dönerfabrik müssen unter enormem Zeitdruck und unter Bedingungen arbeiten, die ihre Gesundheit gefährden. Scharfe Messer und schwere Dönerspieße, die bis zu 100 Kilogramm wiegen können, gehören zum Arbeitsalltag. Trotz der harten Arbeit bleibt die Bezahlung hinter den Erwartungen zurück. Das Unternehmen arbeitet mit einem undurchsichtigen Entgeltsystem, bei dem Kriterien, nach denen Gehälter festgelegt werden, scheinbar keine Rolle spielen. Für die Gewerkschaft NGG ist das der Grund, warum der Streik nun erneut entbrannt ist.
Doch das Unternehmen reagiert nicht ohne Widerstand. Birtat spricht von einem „transparenten Entgeltsystem“, das in Zukunft eingeführt werden soll. Die Forderung der Gewerkschaft, die Entgelte um 375 Euro zu erhöhen, trifft auf Widerstand. Die Geschäftsführung des Unternehmens sieht eine Regelung auf betrieblicher Ebene als wesentlich sinnvoller an als die Einführung eines Tarifvertrages, der möglicherweise in einem allgemeineren Rahmen für die gesamte Branche Gültigkeit hätte. Doch was steckt hinter diesem Widerstand? Ist es wirklich der Wunsch nach betrieblicher Freiheit oder spielt die Angst vor höheren Löhnen und steigenden Kosten eine größere Rolle?
Die sozialen und politischen Dimensionen des Streiks
Der Streik bei Birtat hat längst eine politische Dimension angenommen. Im Zentrum der Debatte steht nicht nur die Frage nach besseren Löhnen, sondern auch die Problematik der Preisspirale im Döner-Sektor. Döner-Kebabs sind nach wie vor ein beliebtes Fast Food, das in vielen deutschen Städten täglich konsumiert wird. Doch die Rohstoffpreise steigen, die Produktion wird teurer – und der Druck auf die Mitarbeitenden wächst. Sollte der Tarifvertrag tatsächlich zustande kommen, ist davon auszugehen, dass die Preise für Döner steigen werden, ein Szenario, das die Verbraucher sicherlich merken werden. Experten gehen davon aus, dass der Preis für einen Döner, der mittlerweile zwischen 7 und 11 Euro liegt, weiter steigen könnte – vor allem wegen der steigenden Fleisch- und Energiekosten.
Und genau hier wird es politisch. Denn die Frage nach den steigenden Preisen in der Lebensmittelproduktion und deren Auswirkungen auf den Endverbraucher ist eine Diskussion, die weit über den Döner hinausgeht. Die Inflation hat die Preise für viele Rohstoffe und Lebensmittel massiv in die Höhe getrieben. Die Löhne hingegen stagnieren, und das trotz der immer weiter ansteigenden Anforderungen, sowohl an die Produzenten als auch an die Mitarbeitenden in der Branche. Der Streik bei Birtat könnte der Funke sein, der eine breitere Debatte über Arbeitsrechte und faire Löhne in der gesamten Lebensmittelbranche entfacht.
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Warum Birtat den Tarifvertrag ablehnt
Das Unternehmen hat öffentlich erklärt, dass es kein Interesse daran habe, einen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft NGG zu schließen. Der Grund? Man möchte das Entgeltsystem künftig „auf betrieblicher Ebene“ regeln, anstatt eine pauschale Vereinbarung für alle Mitarbeitenden auf tariflicher Basis zu treffen. Doch diese Haltung stößt bei den Gewerkschaften auf Widerstand. Die Gewerkschaft NGG wirft Birtat vor, die berechtigten Forderungen der Mitarbeitenden zu ignorieren und weiterhin eine willkürliche Entlohnungspraxis zu betreiben. Der Streit könnte, wenn er weiter eskaliert, erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Dönerbranche haben.
Dass die Forderungen der Gewerkschaften in einer Branche wie der Dönerproduktion so öffentlich thematisiert werden, ist bemerkenswert. Dabei geht es nicht nur um die Löhne der Mitarbeitenden. Der Streik stellt die Frage, inwieweit große Lebensmittelhersteller wie Birtat bereit sind, Verantwortung für die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeitenden zu übernehmen, oder ob sie diese Verantwortung weiterhin auf die Schultern der Arbeiter und Verbraucher abwälzen wollen.
Der Streik bei Birtat zeigt auf dramatische Weise, wie stark die sozialen und wirtschaftlichen Spannungen in der Lebensmittelproduktion sind. Der Döner, ursprünglich als Fast-Food-Gericht aus der Türkei bekannt, hat sich längst zu einem Symbol für schnelles und preiswertes Essen entwickelt. Doch der Preis für den Döner wird zunehmend höher, nicht nur für den Verbraucher, sondern auch für die Mitarbeitenden hinter den Kulissen. Die Forderungen nach fairer Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen bei Birtat könnten in Zukunft ein Signal für viele andere Unternehmen in der Branche sein, sich ihrer Verantwortung zu stellen.
In einer Zeit, in der immer mehr Menschen für faire Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne kämpfen, könnte dieser Streik ein Wendepunkt sein. Die Frage bleibt jedoch: Werden die Verbraucher bereit sein, höhere Preise für ihren Döner zu zahlen, um bessere Arbeitsbedingungen für die Menschen hinter dem Grill zu ermöglichen? Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung wird nicht nur das Gehalt der Birtat-Mitarbeitenden beeinflussen, sondern könnte auch weitreichende Konsequenzen für die gesamte Lebensmittelproduktion und deren Preispolitik haben.
Quellenangaben:
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„Birtat Dönerstreik – Gewerkschaft fordert höhere Löhne“, NGG (Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten) – Artikel vom 06.08.2025
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Birtat Unternehmenswebsite: https://birtat.com
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Tagesschau: „Neuer Streik bei Dönerfabrik – Birtat verweigert Tarifgespräche“, Tagesschau.de – Artikel vom 06.08.2025
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Wirtschaftsinformationen zur Fleischpreissteigerung, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
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